Rentenbeitrag könnte bald auf 18,9 Prozent fallen
Berlin (dpa) - Jetzt ist es so gut wie amtlich: Der Rentenbeitrag dürfte Anfang kommenden Jahres von derzeit 19,6 auf 18,9 Prozent sinken - und damit auf den niedrigsten Stand seit 18 Jahren. Eine solche Entscheidung zeichne sich nach jüngsten Berechnungen ab.
Das sagte der Sprecher von Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU), Jens Flosdorff, am Freitag in Berlin. Dies werde für Arbeitnehmer und Arbeitgeber eine Entlastung um jeweils rund drei Milliarden Euro bringen. Zuletzt hatte Schwarz-Gelb eine Senkung auf 19,0 Prozent angepeilt.
Sozialverbände, Gewerkschaften und Opposition lehnen die geplante Kürzung unter anderem als Wahlkampfgeschenk der Koalition ab. Mit einer Senkung auf 18,9 Prozent würde im Bundestagswahljahr der Beitragssatz erstmals seit 1995 die Schwelle von 19 Prozent wieder unterschreiten.
Der Schätzerkreis der Rentenversicherung habe turnusgemäß vom 16. bis 18. Oktober getagt und sei zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Senkung auf 18,9 Prozent möglich sei, sagte der Sprecher. Die Finanzlage der Rentenversicherung habe sich im Vergleich zum Sommer positiv entwickelt. Auch die in dieser Woche veröffentlichte Wirtschaftsprognose habe dazu beigetragen, "dass man zu diesem erfreulichen Ergebnis gekommen ist".
Das entsprechende Gesetz sei im August vom Kabinett verabschiedet worden. Dort müsse während der parlamentarischen Beratungen die Beitragszahl verändert werden, sagte Flosdorff. Anschließend müssen Bundestag und Bundesrat noch grünes Licht geben. Koalitionskreise hatten zuvor erklärt, eine Entscheidung über den Beitragssatz für das kommende Jahr könne schon kommende Woche fallen.
Die "eiserne Reserve" der Rentenkasse dürfte zum Jahresende auf 28,8 Milliarden Euro steigen, knapp das 1,7-fache einer Monatsausgabe - oder sogar noch höher. Laut Gesetz ist der Beitrag zu senken, wenn die Rücklage das 1,5-fache einer Monatsausgabe übersteigt. Opposition und Gewerkschaften sind aus Sorge vor künftig zu niedrigen Renten gegen eine Senkung des Beitragssatzes.
Die Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland, Ulrike Mascher, warnte: "Es ist ein völlig falsches Signal, bei ständig sinkenden Renten und drohender Altersarmut durch eine Absenkung des Beitragssatzes die bestehenden Rücklagen bis auf die Mindestrücklage aufzulösen." Stattdessen sollten die Überschüsse in der Rentenversicherung genutzt werden, um Altersarmut zu bekämpfen.
DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach erklärte, die Koalition solle lieber die Praxisgebühr abschaffen. Eine Senkung des Rentenbeitrags widerspräche den demografischen Herausforderungen.
Im Bundesrat war vergangene Woche die Länderfront gegen die Absenkungspläne gebröckelt. Ein Antrag aus dem rot-grünen Lager, auf die Absenkung zu verzichten, fand keine Mehrheit. Entgegen den Ankündigungen hatten die von großen Koalitionen regierten Länder Saarland, Sachsen-Anhalt und Thüringen den Antrag nicht unterstützt.
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