Koalition ringt um schnellere Haushaltssanierung
Berlin (dpa) - In der Unionsfraktion formiert sich Widerstand gegen eine schnellere Haushaltssanierung.
Der CDU-Haushaltspolitiker Norbert Barthle zeigte sich skeptisch gegenüber den Vorstoß von FDP-Chef Philipp Rösler, schon für 2014 und damit zwei Jahre früher als bisher geplant einen ausgeglichenen Haushalt ohne neue Schulden zu erreichen. Auch Unionsfraktionsvize Michael Meister (CDU) warnte am Montag vor vorschnellen Festlegungen. Rückendeckung bekommen die Kritiker auch von der neuen Steuerschätzung. Danach können Bund, Länder und Kommunen mit keinen zusätzlichen Mehreinnahmen rechnen.
Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte am Wochenende erklärt, er halte zumindest beim "strukturellen Defizit" schon 2013 nahezu einen Ausgleich für möglich. Rösler peilt dagegen schon für 2014 eine echte "schwarze Null" an. Er will, dass der Bund bereits dann ohne neue Kredite auskommt. Schäuble plant dies bisher für 2016. Das Thema soll beim nächsten Treffen der Koalitionsspitzen erörtert werden. Sowohl Schäuble als auch Rösler loten aus, wie ein schneller Defizitabbau erreicht werden kann. Details nennen sie nicht.
Regierungssprecher Steffen Seibert versicherte, der wachstumsfreundliche Konsolidierungskurs werde fortgesetzt. Dabei gehe die Koalition ehrgeizig vor und bemühe sich, bei dem für die Schuldenbremse relevanten "Strukturdefizit" noch näher an die Null heranzukommen. Die Koalitionsspitzen von Union und FDP wollen nach offiziell nicht bestätigten Plänen am 4. November über strittige Vorhaben und deren Finanzierung beraten.
Eine Sprecherin Schäubles sagte, der Minister habe natürlich Ideen für einen schnelleren Defizitabbau, halte aber nichts davon, über diese öffentlich zu sprechen. Man sei offen für Vorschläge. Im Haus von Wirtschaftsminister Rösler hieß es, der Weg zur "schwarzen Null" schon 2014 sei möglich, wenn sich die Koalition gemeinsam anstrenge. Nähere Angabe wollte eine Sprecherin Röslers aber nicht machen.
Barthle erklärte: "Selbstverständlich wünsche ich mir einen Bundeshaushalt ohne neue Schulden bereits im Jahr 2014." Damit sich aber Wunsch und Wirklichkeit decken, müsste die Koalition zeitnah schwerwiegende Entscheidungen treffen: Es dürften keine Gesetze mit neuen Mehrausgaben oder Mindereinnahmen verabredet werden, bereits beschlossene Maßnahmen müssten auf den Prüfstand.
Meister sagte der "Welt" (Dienstag): "Der Haushalt 2014 wird im ersten Halbjahr 2013 vor dem Hintergrund der dann aktuellen Eckdaten aufgestellt." Dazu gehörten etwa die Steuerschätzung im Mai und neue Wirtschaftszahlen. "Ohne diese Eckdaten halte ich wenig davon, über einen Haushaltsausgleich heute schon zu philosophieren."
Die FDP wertete Schäubles Aussagen als Beweis dafür, dass Bewegung in die Debatte über die Haushaltskonsolidierung kommt. "Wir sind sehr zufrieden, dass sich der Bundesfinanzminister in unsere Richtung bewegt", hieß es in der Parteiführung. FDP-Haushaltsexperte Otto Fricke warnte vor Denkverboten. "Wer seine Ambitionen zur Konsolidierung jedoch bereits an der Garderobe des Haushaltsausschusses abgibt, hat schon verloren."
Bis zum Jahr 2016 können Bund, Länder und Kommunen wohl kaum mit zusätzlichen Steuereinnahmen gegenüber bisherigen Planungen rechnen. Der Bund geht in seiner Vorlage für die Steuerschätzung nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur davon aus, dass für 2013 und 2014 nur noch mit einem Zusatzplus von je 700 Millionen Euro gegenüber der Mai-Prognose zu rechnen ist.
2015 könnten sogar 500 Millionen Euro weniger in die Staatskassen fließen als bisher geplant. Für 2016 könnte die Korrektur nach unten aus Sicht des Bundes sogar noch stärker ausfallen - und zwar um rund 1,7 Milliarden. Für 2017 geben die Experten des Arbeitskreises Steuerschätzung erstmals eine Prognose ab: Der Bund rechnet dann für den Gesamtstaat mit Einnahmen von rund 706 Milliarden Euro.
In diesem Jahr könnte das Steueraufkommen von Bund, Ländern und Kommunen erstmals über die Marke von 600 Milliarden Euro klettern. Der Bund geht in seiner Vorlage davon aus, dass die Einnahmen des Staates gegenüber der Mai-Prognose um 6,4 Milliarden höher ausfallen.
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