Mehrheit der Deutschen hält Hartz-IV-Empfänger für faul
Nürnberg/Berlin (dpa) - Hartz-IV-Empfänger haben in der Bevölkerung einen schweren Stand: Die Mehrheit der Deutschen sieht sie als faul, schlecht ausgebildet und bei der Arbeitssuche als zu wählerisch an.
Dies geht aus einer am Dienstag veröffentlichten, repräsentativen Umfrage hervor. Zugleich wurde bekannt, dass die Zahl der von der Bundesagentur für Arbeit (BA) verhängten Sanktionen gegen Bezieher des Arbeitslosengeldes II auf dem Weg zu einem neuen Rekordstand ist.
Die Sanktionen könnten 2012 erstmals die Millionenmarke überschreiten. In der ersten Jahreshälfte strafte die BA bereits 520 792 Hartz-IV-Empfänger ab. Die Nürnberger Behörde bestätigte einen Bericht der "Bild"-Zeitung. Allein im Februar wurden 93 931 Sanktionen ausgesprochen - so viele wie in keinem anderen Monat seit Einführung der Hartz-Reformen.
Ein BA-Sprecher erläuterte, dass die Arbeitsvermittler den Leistungsempfängern dank der guten Lage auf dem Arbeitsmarkt im ersten Halbjahr mehr Stellen als sonst hätten anbieten können. Würden diese abgelehnt, griffen die Sanktionen.
Die Linken-Vorsitzende Katja Kipping bezeichnete dies als verfassungswidrig. "Jede Leistungskürzung verletzt das Grundrecht der Betroffenen auf Existenzsicherung und gesellschaftliche Teilhabe", erklärte sie in Berlin. Martin Behrsing, Sprecher des Erwerbslosen Forum Deutschland, beklagte: "Sanktionen werden rücksichtslos und stur nach Vorgaben verhängt. Inzwischen reicht offenbar schon das geringste "Fehlverhalten", und die Sanktionsfalle schnappt erbarmungslos zu."
Viele Bürger dürften sich hingegen von den Sanktionszahlen in ihren Vorurteilen bestätigt sehen: Die Mehrheit der Deutschen ist der Meinung, dass Hartz-IV-Empfänger faul, schlecht ausgebildet und bei der Arbeitssuche zu wählerisch seien. Der repräsentativen Allensbach-Umfrage im Auftrag der BA zufolge glauben 55 Prozent der Bevölkerung, dass Hartz-IV-Empfänger nicht selbst aktiv nach Arbeit suchen. Tatsächlich klopften aber 62 Prozent von ihnen aus eigenem Antrieb bei Arbeitgebern an.
Entgegen der Annahme von 57 Prozent der Deutschen, Langzeitarbeitslose seien zu anspruchsvoll bei der Arbeitssuche, würden 71 Prozent der Betroffenen nach eigenen Aussagen auch eine Stelle annehmen, für die sie überqualifiziert sind. "Meist sind diese Vorurteile Irrtümer", betonte daher das zuständige BA-Vorstandsmitglied Heinrich Alt in Berlin.
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