Donnerstag, 27. September 2012

Report: Arznei in Deutschland oft zu teuer

Report: Arznei in Deutschland oft zu teuer


Seit 2011 klettern die Ausgaben schon wieder stark nach oben. (Quelle: dpa)

Berlin (dpa) - Den Beitragszahlern könnten laut einer neuen Studie Milliardenkosten für teure Medikamente erspart bleiben. Die Herausgeber des neuen Arzneiverordnungs-Reports 2012 zeigten sich am Donnerstag in Berlin überzeugt:

Zusätzliches Sparen ginge alleine zulasten der Pharmaindustrie, nicht der Patienten. Zwar sanken vergangenes Jahr die Arzneiausgaben der gesetzlichen Kassen erstmals seit 2004 - doch seither klettern die Ausgaben schon wieder stark nach oben.

Trotz der jüngsten Arzneireform der Koalition verschreiben die Ärzte weiterhin reihenweise neue teure Mittel ohne zusätzlichen Nutzen, kritisierte die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. Grund sei die effektive Vermarktung der Pharmaindustrie durch bezahlte Fortbildungen, Broschüren und Beratungen der Ärzte.

"Wir sind nicht in der Lage, sehr massiven Marketingstrategien etwas entgegenzusetzen", sagte der Kommissionsvorsitzende Wolf-Dieter Ludwig. So sei der starke Zuwachs bei neuen Schmerzmitteln (Opioiden) ein Zeichen, "wie Ärzte sich in die Irre führen lassen". Das Standardmittel Morphin helfe genauso gut.

Zwar haben die gesetzlichen Krankenkassen im vergangenen Jahr erstmals seit 2004 weniger für Arzneimittel ausgeben müssen. Der Report bezieht sich auf Daten des Gesundheitsministeriums: Die Arzneiausgaben sanken 2011 um 1,17 Milliarden auf 30,87 Milliarden Euro. Doch im ersten Halbjahr kletterten sie bereits wieder um 480 Millionen auf 15,8 Milliarden Euro.

Laut Report-Herausgeber Dieter Paffrath geht der jüngste Rückgang ohnehin nur auf eine vorübergehende Kostenbremse durch Rabatte und Preisstopp zurück. 3,1 Milliarden Euro könnten gespart werden, wenn Ärzte mehr günstige Generika verordnen und auf teure und umstrittene Mittel mit Patentschutz verzichten würden.

Herausgeber Ulrich Schwabe stellte heraus, viele Mittel in Deutschland seien deutlich teurer als etwa in den Niederlanden. Sogar 7,8 Milliarden Euro könnten gespart werden, wenn man die Preise des Nachbarlandes zugrundelege. Durch die jüngsten Arzneireform der Regierung sollten längerfristig nun hierzulande rund 2 Milliarden Euro gespart werden.

Schwabe mahnte: "Wenn die angestrebten Einsparungen erreicht werden sollen, müsste unsere Kapazität für die Nutzenbewertung sicher erhöht werden." Gemäß der Reform prüfen offizielle Stellen im Gesundheitswesen neue Mittel inzwischen auf ihren Mehrwert für Patienten. Entsprechend dieses Ergebnisses handeln die Kassen mit dem Hersteller dann einen Preis aus - doch die vielen Blockbuster, die Präparate mit riesigen Umsätzen, die schon länger auf dem Markt sind, kamen bei den Prüfungen bisher noch nicht an die Reihe.

"Wir haben noch 99 Prozent unbeackert", mahnte AOK-Vorstand Uwe Deh. Schwabe warnte, bereis Ende kommenden Jahres liefen die gesetzlichen Preisbremsen aus, die halfen, die Ausgaben zuletzt noch in den Griff zu halten. Ob bis dahin länger auf dem Markt befindliche Mittel mit Patentschutz in größerem Stil den neuen Prüfungen unterworfen sind, gilt unter Experten als zweifelhaft.

Die Hauptgeschäftsführerin des Pharmaverbands vfa, Birgit Fischer, warf dem Report methodische Mängel vor und kritisierte: "Eine permanente Diskussion über das Drücken von Preisen droht (...) irgendwann zu einer Diskussion über das Drücken der Versorgungsqualität zu werden."

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