Wahlrechts-Streit: Bundestag soll größer werden
Zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit gibt es in Deutschland derzeit kein gültiges Wahlgesetz. (Quelle: dpa)
Berlin (dpa) - Der nächste Bundestag wird voraussichtlich deutlich größer. Dies zeichnete sich am Dienstag nach dem ersten Treffen der Fraktionsspitzen über eine Wahlrechtsreform ab.
Sie ist notwendig, weil das Bundesverfassungsgericht vor vier Wochen zentrale Punkte der von Union und FDP durchgesetzten Regelung für verfassungswidrig erklärt hatte. Die Karlsruher Richter hatten insbesondere die bisherige Praxis bei den Überhangmandaten verworfen.
Bei dem Gespräch stellten sich im Prinzip Grüne und FDP hinter einen Vorschlag der SPD, solche Zusatzsitze künftig durch Extra-Mandate auszugleichen, um die Vorgaben aus Karlsruhe zu erfüllen. Dafür soll vorübergehend ein Anstieg der Zahl der Abgeordneten in dem 2013 zu wählenden Parlament in Kauf genommen werden. Derzeit sitzen 620 Abgeordnete im Bundestag.
Eine "maßvolle" Erhöhung sei die direkte Konsequenz des Gerichtsurteils, erklärte FDP-Parlamentsgeschäftsführer Jörg van Essen. Er verwies darauf, dass der Bundestag im Verhältnis zur Bevölkerungszahl eines der kleinsten Parlamente in Europa sei.
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Auch nach Ansicht seines Grünen-Kollegen Volker Beck wäre eine einmalige Vergrößerung akzeptabel. Der nächste Bundestag könne verpflichtet werden, vor der darauffolgenden Bundestagswahl für eine Verringerung der Abgeordneten zu sorgen.
Bis zum nächsten Gespräch in zwei Wochen sollen jetzt verschiedene Modelle geprüft werden, wie das Urteil des Bundesverfassungsgericht am besten umgesetzt werden kann. Dazu gehört auch ein Vorschlag der Union, die Zahl der Listenmandate zu erhöhen. Bei den 299 Wahlkreisen soll es jedoch bleiben. Dadurch könnte nach Ansicht der Union ebenfalls die Zahl der Überhangmandate verringert werden.
Sie entstehen, wenn eine Partei in einem Bundesland mehr Direktmandate erhält, als ihr nach den Zweitstimmen an Sitzen zustehen. Nach dem Urteil aus Karlsruhe sind mehr als 15 solcher Zusatzsitze ohne einen Ausgleich schon bei der Bundestagswahl 2013 nicht mehr zulässig. Bei der letzten Wahl 2009 gab es davon 24, die alle an die Union fielen.
Man sei sich einig, dass das bewährte deutsche Wahlrecht nicht rigoros geändert werden solle, sagte der Parlamentsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU). Er halte eine Einigung auch in kurzer Zeit für möglich. "Wir wollen eine gemeinsame Lösung", erklärte sein SPD-Kollege Thomas Oppermann. Für die Linke wies Dagmar Enkelmann darauf hin, dass für die Neuregelung nicht mehr viel Zeit bleibe.
Nach den Worten des CDU-Wahlrechtsexperten Günter Krings muss sich auch die Opposition bewegen. So beseitige etwa das von der SPD vorgeschlagene Modell nicht das negative Stimmengewicht, bei dem das Gericht ebenfalls Korrekturen verlangt hat: Nach diesem Effekt können mehr Stimmen für eine Partei bewirken, dass die gewählte Partei am Ende weniger Sitze im Parlament bekommt.
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